Norwegen und Schweden
Tag 5 - Wanderung über den Bessegen
Um 6:45 Uhr klingelt der Wecker. Heute Morgen gibt’s nur einen ...
schnellen Kaffee; die Schnittchen, die wir bereits gestern geschmiert haben wandern in den voll gepackten Tagesrucksack.
Wir sind froh, dass wir direkt auf dem Parkplatz vor der Anlegestelle genächtigt haben, so haben wir am morgen keine Fahrstrecke mehr vor uns und gehen direkt zum Schiff. Insgesamt zahlen wir 150 NOK für die Nacht und nochmals 100 NOK für den Tag.
Das Wetter ist herrlich, etwas frisch (8 Grad) - wir sind immerhin auf 995 Meter Höhe - aber sonnig. Die Luft ist klar und wir können die schneebedeckten Berggipfel, die den grünlich schimmernden Gjende am anderen Ende überragen, deutlich ausmachen. Um 7:45 Uhr startet unser Boot und wir fahren über den Gjendesee Richtung Memurubu. Diese Fahrt ist malerisch; links und rechts türmen sich gewaltige Felsformationen und das klare Wasser ist von Segimenten grün gefärbt. Das Boot ist relativ voll und wir können an der Anzahl der Passagiere erahnen, dass diese Wanderung keine einsame Tour werden würde, sondern eher ein Gänsemarsch der Nationen.
Nach ca. 20 min kommen wir dann in Memurubu an. Nachdem wir unsere Trekkingstöcke startklar gemacht haben und noch einige Wanderer passieren ließen, gingen wir los. Nach wenigen Minuten ging es steil bergauf. Die Sonne schien uns in den Nacken und schnell tat sich eine wunderbare Landschaft auf, die Sven (Sebastian hatte diese Tour bereits vor 12 Jahren abgewandern) so noch nie gesehen hatte.
Nachdem wir von 984 Meter Höhe auf 1452 Meter aufgestiegen waren und uns drehten hatten wir den ersten atemberaubenden Blick auf den Gletscher Blåbrean bzw. seine Gletscherzunge. Ein wirklich traumhafter Anblick und es sollte noch besser werden. Zunächst bewegt man sich etwa einen halben Kilometer über das Plateau und sollte hier den Wanderweg kurz nach Norden verlassen, um an der steilabfallenden Kante des Nedre Russglopet einen traumhaften Blick in das langezogene Tal des Russvatnet zu genießen.
Nicht ohne Grund wandern über 30.000 Menschen pro Jahr diesen Weg und fotografieren diesen außerordentlich seltenen Naturanblick. Der wohl schönste Ausblick ergibt sich nach einem schon sehr alpinen Kletterstück, dem Einstieg auf den „Grat Bessegen“, der nur einen kurzen Abschnitt von ca. einem Kilometer auf der gesamten, ca. 14 Kilometer langen Wanderung ausmacht und genau in der Mitte liegt. Der Grat liegt im Grenzbereich zwischen wandern und klettern und wird als Grad 1 beim Kletterern bezeichnet. Eins ist klar: hier müssen wir unsere Stöcke zur Seite legen (in den Rucksack) und die Hände zu Hilfe nehmen. Der Felsen ist fest und bietet hervorragenden Halt, allerdings geht es zu beiden Seiten ziemlich weit hinunter (wenn auch nicht senkrecht); der Gjendesee liegt 760 Meter tiefer und der Bessvatnet 300 Meter tiefer als der höchste Punkt des Grates. Bei Sven kommt ein leichtes Gefühl des Unwohlseinsauf; wie war das noch mit der Höhenangst?
Umso erstaunlich ist für uns, dass dieser doch nicht unanspruchsvolle Weg von scheinbar allen Altersklassen gewandert wird; selbst ein kleiner Rehpinscher absolviert leichtfüssig diese Tour. Um nicht in Verlegenheit zu geraten drehen wir dem Hund immer wieder den Rücken zu um unsere Fotos zu schießen.
Die Wanderung über den Besseggen scheint eine Art Pilgerweg zu sein, den man einfach gemacht haben muss, egal, ob Einheimisch oder nicht.
Nach einem mühsamen Aufstieg erreichen wir den höchsten Punkt der Wanderung (1742 Meter), der durch einen riesigen Steinhaufen markiert ist. Nachdem auch Sebastian sein Stein zu diesem Haufen beigetragen hat steigt die Höhe auf 1742,20 Meter.
Von hier aus geht es weiter über das Veslefjell. Zur rechten gehen wir teilweise sehr nahe an einer 600 Meter abfallenden Steilwand entlang.
Der Abstieg ist teilweise schon recht anspruchsvoll und ist nicht ohne eine angebrachte Kette zu überwinden.
Nach 7:05 Stunden (Bestzeit) erreichen wir den Tomminator, der sich inzwischen, genauso wie wir, einen schönen Tag gemacht hatte. Allerdings hat sich der faule Hund heute ohne einen einzigen Höhenmeter einfach nur die Sonne auf den Pelz scheinen lassen. Diesen Ruhetag hat er sich aber auch verdient.
Zwar vermelden unsere „Gehwerke“ erhebliche Fehlermeldungen, trotzdem sind wir so euphorisiert, dass wir uns entschließen noch ca. 3 Stunden Richtung Otta zu fahren.